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Sondersitzung AGRAR digital: Ressource Wald – zwischen Forstwirtschaft, Bioökonomie und Klimaschutz

Verfasst von Lena Rieble am 01.03.2021 unter Unternehmensnews

Bei der 13. Runde der Sondersitzung AGRAR diskutierten am 25. Februar zu früher Stunde Expertinnen und Experten aus Politik, Wissenschaft, Verbänden sowie aus Land- und Forstwirtschaft über die „Ressource Wald“. Dabei standen unter anderem die Herausforderungen des Waldumbaus, die Chancen von Agroforstsystemen und die Notwendigkeit, den Rohstoff Holz intelligent zu nutzen im Vordergrund. Über 90 Gäste aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Medien und Zivilgesellschaft waren dabei. Sie haben die Veranstaltung verpasst? Kein Problem: Hier können Sie sich die Aufzeichnung ansehen.

Dirk Wiese, Mitglied des Deutschen Bundestages und stellvertretender Fraktionsvorsitzender der SPD sowie ehemaliger forstpolitischer Sprecher, unterstrich in seiner politischen Keynote die Ergebnisse des am Vortag von Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner vorgestellten Waldzustandsberichts. Durch Kalamitätsschäden und klimatische Veränderungen sei die Situation in seiner Heimat, dem Sauerland, „wirklich dramatisch“. Man stehe vor riesigen Herausforderungen mit Blick auf die Wiederaufforstung. „Das ist eine Aufgabe für die nächsten Generationen“, sagte Wiese. Auch aus wirtschaftlicher Sicht gebe es einen großen Wertverlust, sowohl für die Tourismusbrache als auch für die Waldbesitzer durch sinkende Holzpreise. Er hob zudem hervor, wie wichtig es sei, das Bauen mit Holz zu stärken sowie die Ökosystemdienstleistungen des Waldes zu honorieren.

Prof. Dr. Andreas Bolte, Leiter des Thünen-Instituts für Waldökosysteme, stellte in seinem Impuls fest, dass man es – wie Ministerin Klöckner im Rahmen der Waldzustandserhebung konstatierte – noch nicht mit einem Waldsterben zu tun habe. Auch wenn ca. 250-300 Millionen Kubikmeter Schadholz in den Jahren 2018-2020 angefallen sind, sind in Deutschland noch weniger als zehn Prozent des gesamten Fichtenholzvolumens betroffen. Zudem hob Bolte die Klimaschutzfunktion des Waldes hervor: „Wir haben eine positive Kohlenstoffbilanz der Wälder in Deutschland.“ Waldökosysteme kompensierten zwischen 2012-2017 etwa elf Prozent der Treibhausgasemissionen in Deutschland. Sein Fazit lautete, dass die Ressourcen- und Klimaschutzfunktion der Wälder nur durch eine Anpassung und den Erhalt vitaler und produktiver Wälder gesichert werden könne.

„Wir haben das Ziel zu zeigen, dass man Kleidung sehr viel umweltfreundlicher als auch sehr viel fairer fertigen kann“, erklärte Timo Beelow, CEO und Gründer der wijld GmbH. Man müsse sich vor Augen führen, dass die Textilindustrie nach der Ölindustrie die zweitschmutzigste weltweit sei. Kleidung aus Holz biete einen extrem hohen Tragekomfort und eine deutlich größere und umweltfreundlichere Faserausbeute im Vergleich zu Baumwolle. Auch sonst böten sich hohe Einsparpotenziale: „Mit nur einem T-Shirt, im Vergleich zu einem konventionellen T-Shirt aus Baumwolle, schaffen wir es, 1.000 Liter Wasser, 150 Milliliter Chemie und 600-700 Gramm CO2 einzusparen“, berichtete Beelow.

Rosalind Leeck, Senior Director of Market Access beim U.S. Soybean Export Council, steuerte Erfahrungen aus den Vereinigten Staaten bei. Einführend betonte sie: „Wälder, Biodiversität und Landwirtschaft sind wichtige Bestandteile der Klimadiskussion.“ In den USA führten Gesetze dazu, Waldbestände nicht nur zu erhalten, sondern auszuweiten. Es werden etwa doppelt so viele Bäume gepflanzt, wie jährlich abgeholzt werden. Zum Zusammenspiel von Forst- und Landwirtschaft berichtete sie, dass seit 1980 über 20 Mio. Hektar weniger Ackerland gestellt werde und die Waldfläche um 1,4 Mio. Hektar zugenommen hätte. Die Produktivitätssteigerungen seien durch den Einsatz moderner Technologien möglich gewesen. Die US-Sojabohnenindustrie setze sich zudem für die Dokumentation der Nachhaltigkeit US-amerikanischer Sojabohnen ein. Eine Studie belegte nun, dass Soja aus den USA im Vergleich zu anderen Herkunftsländern einen geringeren Kohlenstoff-Fußabdruck aufweise. Dies sei insbesondere auf den Waldschutz zurückzuführen.

Im anschließenden Expertengespräch sprachen Dirk Wiese (MdB, SPD), Dr. Irene Seling (AGDW), Thomas Domin (DeFAF), Prof. Dr. Andreas Bolte (Thünen-Institut) und Timo Beelow (wijld GmbH) unter anderem über den Waldumbau, die Rolle der Privatwaldbesitzer und das Potenzial von Agroforstsystemen. Bolte stellte klar, dass man beim Waldumbau auch weniger bekannte Nebenbaumarten und sowohl Laub- als auch Nadelbäume einbeziehen müsse. Man benötige laut Bolte eine „Anbauoffensive, die konzertiert in einer Allianz zwischen Forschung und Praxis vollzogen wird“. Beim Waldumbau sei man auf die Expertise der Wissenschaft angewiesen, bestätigte Wiese.

„Die Waldeigentümer stehen vor enormen Herausforderungen“, betonte Dr. Irene Seling, Hauptgeschäftsführerin der AGDW – Die Waldeigentümer. Durch den Klimawandel sei der Wald zum Geschädigten geworden, aber auch ein Teil der Lösung, denn der Wald sei „der einzige Wirtschaftsbereich, der CO2 bindet, statt zu emittieren“. Aus Sicht der Waldeigentümer wäre es nur „gerecht, fair und zielführend“, dass diejenigen, die für eine CO2-Senkenleistung sorgen, auch eine entsprechende Klimaleistungsvergütung erhielten. Seling forderte eine Unterstützung der Waldbesitzer, damit der Waldumbau gestaltet werden könne.

Thomas Domin, stellvertretender Vorsitzender des Deutschen Fachverbandes für Agroforstwirtschaft (DeFAF) e.V., beschrieb die Vorteile von Agroforstsystemen. Auf seinem Hof hätten sie kleine Kurzumtriebsplantagen streifenförmig in größeren Ackerschlägen angelegt, die zu einer Reduktion der Windgeschwindigkeiten und der Verdunstung in der Fläche führten. Die Rahmenbedingungen seien jedoch schwierig. „Wir sind stolz darauf, dass wir es geschafft haben, einen Bundestagsbeschluss herbeizuführen, dass es noch in dieser GAP-Legislatur möglich sein soll, die Agroforstwirtschaft zu fördern“, fügte Domin hinzu. Ziel sei es, nicht nur Holz für die energetische Nutzung, sondern auch Werthölzer und Obstbäume einzubeziehen. „Die Agroforstwirtschaft in Deutschland steckt noch in den Kinderschuhen“, konstatierte Domin, doch es gebe großes Potenzial.

Die Gesprächsgäste stimmten überein, dass es nicht sinnvoll sei, auf die Bewirtschaftung des Waldes zu verzichten. Die Forstwirtschaft habe gezeigt, dass Bewirtschaftung und Nachhaltigkeit zusammenpassen, betonte Wiese. Es müsse Verständnis dafür kreiert werden, dass die Waldnutzung und Bewirtschaftung viele positive Seiten mit sich bringe, forderte Beelow. Seling sprach sich gegen Flächenstillungen aus und brachte eine mögliche Holzbauquote ins Spiel. Bolte ergänzte: „Das produktfähige Holz sollte man auch für Produkte verwenden.“ Nicht produktfähiges Holz könne aber weiterhin energetisch genutzt werden.

Wir danken unseren Partnern der Bayer AG, Husqvarna Deutschland GmbH und dem U.S. Soybean Export Council (USSEC), der agrarzeitung als Medienpartner sowie dem Deutschen Bauernverband (DBV) als ideellem Partner.

Das schreiben andere über die Veranstaltung:

Bei Interesse an der Veranstaltungsreihe und einer Teilnahme wenden Sie sich bitte mit einer E-Mail an agrar@sondersitzung.berlin.

Nächster Termin: Mai/Juni 2021

Unser Hashtag in sozialen Medien: #SoSiAGRAR

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