Sondersitzung GESUNDHEIT: Die Seltenen
Verfasst von Svenja Brink am 17.05.2019 unter Unternehmensnews
Premiere im Bundestag! Zahlreiche Vertreter des deutschen Gesundheitswesens diskutieren bei der Auftaktveranstaltung der Sondersitzung GESUNDHEIT im Bundestag über Herausforderungen und Handlungsbedarfe bei seltenen Erkrankungen.
Am 16. Mai startete das neue Dialogformat von Genius im Jakob-Kaiser-Haus des Bundestags. Es dient als Plattform für den unabhängigen und überparteilichen Austausch zu aktuellen Themen der Gesundheitspolitik. Die Bilder vom Frühstücksgespräch finden Sie hier.
Schirmherr der Veranstaltung war René Röspel, Berichterstatter für die Erforschung seltener Erkrankungen der SPD-Bundestagsfraktion. „Seltene Erkrankungen sind ein Thema, das viele Menschen gar nicht interessiert“, erklärte er zur Eröffnung. Das Leid der Betroffenen sei hoch und der Weg zur Therapie mühsam und lang, sofern es überhaupt eine gibt. Die Gesellschaft müsse sich die Frage stellen: „Sind wir bereit, für wenige Menschen viel Geld auszugeben?“
Prof. Heiko Krude, Leiter des Berliner Centrums für Seltene Erkrankungen (BCSE) an der Charité in Berlin, sprach im anschließenden Vortrag von einem „numerischen Problem.“ Vier Millionen Betroffene seien nur eine Schätzung. Im deutschen Gesundheitssystem werden Menschen mit seltenen Erkrankungen nämlich nicht verlässlich erfasst, kaum Daten generiert und Diagnosen oft erst nach langer Zeit gestellt.
Auf der anderen Seite wurden in der Diagnostik große Fortschritte erzielt, vor allem durch die Genomsequenzierung, da viele seltene Erkrankungen einen genetischen Hintergrund hätten. Rund 60 Prozent der Kinder am BCSE haben eine genetische Erkrankung, so Krude. Die Finanzierung der Zentren für seltene Erkrankungen sei für ihn auch ein Thema, u. a. um die psychosoziale Begleitung der Betroffenen und ihrer Familien zu verbessern. Eine weitere Forderung stellte Krude zur Diskussion: Eine Behörde nach dem Vorbild des Robert-Koch-Instituts, die mit der Erforschung und Entwicklung von Wirkstoffen im Bereich der seltenen Erkrankungen beauftragt ist.
Mirjam Mann, Geschäftsführerin der Allianz Chronischer Seltener Erkrankungen (ACHSE), wies darauf hin, dass das Leben der Betroffen von „Ängsten, Sorgen und Suchen“ geprägt sei. Auch sie betonte daher die psychosoziale Begleitung, die bei der Selbsthilfe in dem Bereich eine wichtige Funktion habe. Sie begrüßte außerdem das wachsende Interesse an seltenen Erkrankungen, da dadurch möglicherweise Investitionen gefördert werden, woraus neue Erkenntnisse und Behandlungsoptionen entstehen könnten.
Andrea Galle, Vorständin der BKK VBU, ging im Anschluss auf die Herausforderungen aus Sicht der Krankenkassen ein. Ein großes Problem seien nach wie vor fehlende Daten, sowohl zu den Patienten als auch zur Bewertung von Therapieansätzen. Hier müsse nachgebessert werden, ohne aber Datenschutz und Patientenschutz gegeneinander auszuspielen.
Für eine bessere Nutzung der Daten sprach sich auch Dr. Sabine Sydow vom vfa bio aus. Sie ging auf die Herausforderungen für die Unternehmen ein, betonte aber auch die Erfolge: „Ein Drittel aller neu eingeführten Medikamente sind heute Orphan Drugs. 160 zugelassene Orphan Drugs gibt es insgesamt.“ Dennoch lautete ihr Fazit am Schluss: „Wir brauchen noch viel mehr Forschung!“
In der anschließenden Diskussion mit Gästen wurde deutlich: Seltene Erkrankungen müssen im Bewusstsein der Menschen in unserer Gesellschaft ankommen. Wir müssen uns darüber verständigen, wie die Solidargemeinschaft Menschen mit seltenen Erkrankungen helfen kann. Dabei müssen wir auch ertragen, Fragen von Verantwortung zuzulassen. Für die Politik machte Röspel deutlich: „Wir sind sehr bereit, die Diskussion zu führen!“ – und zwar unter Beteiligung der Ressorts Gesundheit und Forschung.
Sondersitzung GESUNDHEIT ist nur möglich durch die Finanzierung durch unsere Sponsoren. Wir danken daher Kyowa Kirin und dem Verband forschender Arzneimittelhersteller (vfa) für die Unterstützung dieser ersten Runde.
Bei Interesse an der Veranstaltungsreihe und einer Teilnahme wenden Sie sich bitte an Nele Herrmann Valente im Berliner Büro von Genius: nele.herrmannvalente@genius.de.
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